Die Schreibwerkstatt am Infotag war produktiv!
Im 2. Quartal des Schuljahres 2009/2010 behandelten wir im Deutschkurs von Frau Knuppertz, das Thema der Gedichtsanalyse, besonders im Bezug auf Liebeslyrik.
Wir haben herausgearbeitet, wie man den Aufbau einer Analyse gestaltet, stilistische oder rhetorische Mittel erkennt sowie deutet. Zugleich wurde uns klargelegt auf welche Art und Weise man eine Interpretationshypothese aufstellt und wie diese durch eine erweiterte Argumentation gestützt werden sollte.
Im Folgenden präsentiert Kilian Franke eine Analyse, welche zu dem Gedicht Lösung von Karin Kiwus verfasst wurde:
Karin Kiwus (geb. 1942): Lösung
Im Traum
nicht einmal mehr
suche ich
mein verlorenes Paradies
bei dir
ich erfinde es
besser allein
für mich
In Wirklichkeit
will ich
einfach nur leben
mit dir
so gutes geht
Das Gedicht „Lösung“, welches von Karin Kiwus verfasst wurde, behandelt das Thema der verloren gegangenen Liebe in Beziehungen, die aber dennoch aufrecht erhalten werden.
Die Handlung ist beherrscht von dem aktiven Lyrischen Ich, welches ein passives Lyrisches Du anspricht. Es geht darum, dass das Subjekt sich nicht mal mehr im Traum eine Beziehung mit dem Adressaten vorstellen kann und sich dieses Paradies lieber alleine vorstellt und in der Wirklichkeit versucht, so gut wie möglich, mit dem Adressaten zu leben.
Im Folgenden werde ich erst auf den formalen Aufbau, dann auf den Zusammenhang mit dem Inhalt eingehen und schließlich eine Interpretation verfassen.
Es gibt drei Strophen, wobei die erste und dritte jeweils fünf und die zweite aus drei Versen bestehen. Zudem gibt es kein Versmaß, geschweige denn ein einfaches Reimschema. Dies bewirkt eine große Unruhe im Gedicht und sorgt letztlich beim Leser für erste Anzeichen von Verwirrung. Auffallend ist außerdem, dass das Gedicht keine Satzzeichen besitzt und fast ausschließlich aus Metaphern und Enjambements besteht. Sehr herausstechend sind des Weiteren die Schlüsselbegriffe oder symbolträchtigen Wörter des Gedichts, welche sich allein schon dadurch auszeichnen, dass es die einzigen vorkommenden Substantive sind. Wobei die Substantive aus der ersten und dritten Strophe sich antagonistisch gegenüberstehen, also „Traum“ (vgl. V. 1) und „Paradies“ (vgl. V. 4) stärken den Kontrast zum Ende hin, also zur „Wirklichkeit“. (vgl. V. 9)
Die Wende findet in der zweiten Strophe statt, welche sich auch durch die kleinere Anzahl an Versen hervorhebt. In der ersten Strophe geht es um das Lyrische Ich, dass sich nicht mal mehr im Traum das verlorene Paradies der Liebe vorstellen kann. (vgl. V. 1 – 5)
Deswegen „erfindet“ das Lyrische Ich dieses Paradies nur für sich alleine ohne den Partner. (vgl. V. 6-8)Schließlich sagt das Subjekt aus, dass es nur „so gut es geht“ sein Leben mit dem zu gestalten sucht. (vgl. V. 9 – 13)
Bedeutungsvoll ist hingegen, dass der Adressat nur in der ersten und dritten Strophe direkt angesprochen wird. Dabei stellt sich heraus, dass das Lyrische Ich die Aussagen die es trifft zunächst nur auf sich selbst bezieht: „Im Traum nicht einmal mehr suche ich mein verlorenes Paradies.“ (vgl. V. 1 – 4) Als würde es dem Subjekt jetzt erst einfallen, setzt es ein „bei dir“ (vgl. V. 5) danach ein, woran man klar die Polarität des Lyrischen Ichs erkennen kann. Es sagt etwas über sich aus und als wäre es eine Begründung wird die Schuld dem Adressaten zugewiesen oder aber das Lyrische Ich betont, dass der Adressat nun nicht mehr an erster Stelle der Priorität steht, wie zuvor im „Paradies“.
In der zweiten Strophe lässt sich gut erkennen, wie sehr das Lyrische Ich zwischen Traum und Wirklichkeit gefangen ist und lebt sein Leben in der Fantasie alleine aus, da das Subjekt es für das bessere Mittel hält. In der Wirklichkeit hingegen wird nur so viel Freiraum gelassen, wie es für die Beziehung oder das Leben notwendig ist. Das heißt im tieferen Sinnbezug, dass das Lyrische Ich lieber seine Fantasie und Träume verändert, also von der Zweisamkeit zur Einsamkeit, statt die Wirklichkeit zu verändern oder es in die Tat umzusetzen.
Dieses Gedicht thematisiert also eine für das Lyrische Ich sinn- oder hoffnungslose Beziehung, welche aber durch die Gewohnheit in der Wirklichkeit schon längst zerbrochen ist und nur noch in der Fantasie des Subjekts weiter existiert.
Damit wäre des Weiteren klargestellt, warum der Titel des Gedichts „Lösung“ heißt, denn so sieht die Lösung für das Lyrische Ich zur Rettung der Beziehung aus.
In einem Satz bedeutet dies Realitätsflucht zur scheinbaren Erhaltung der Beziehung.
Ich denke ich konnte meine Interpretationshypothese ausreichend stützen und sie klar ersichtlich darlegen. Zudem möchte ich anmerken, dass mir das Gedicht ausnehmend gut gefallen hat, aber etwas zu sachlich gestaltet ist, auch wenn es die Kälte in der Beziehung widerspiegeln soll. Alles in allem halte ich es dennoch für sehr gelungen, gerade durch die mangelnden Reimschemata oder Satzzeichen, welche dem Gedicht diese undefinierbare, aber treffende Stimmung verleihen.