Von Bach bis Bagdad


leuchter.jpgAm 11.01.2013 fand im Rahmen des Modellprogramms „Kulturagenten für kreative Schulen“ in der Heinrich Heine Gesamtschule im Schulzentrum Aachen-Laurensberg für Schüler, Lehrer, Eltern und Musikinteressierte ein Solokonzert des Akkordeonisten Manfred Leuchter statt. Präsentiert wurde es von den drei Kulturagenten-Schulen Heinrich Heine-Gesamtschule, der Maria Montessori Gesamtschule aus Aachen sowie der Gustav Heinemann Gesamtschule Alsdorf.

leuchter.jpgEs ist schon erstaunlich, wie vielseitig und bunt ein Akkordeon zum Klingen gebracht werden kann und welch unterschiedliche Techniken und Klangfarben in diesem Instrument stecken. Manfred Leuchter beherrscht das Akkordeon meisterlich. Von rasanten Melodieläufen und filigranen Tonlinien bis zu rhythmischen Akkordkombinationen und voluminösen Klanggebilden holt er erstaunliche musikalische Kunstwerke aus dem von ihm geliebten Instrument heraus. Künstler und Instrument verschmelzen bei seinen spannenden musikalischen Werken zwischen Klassik, Jazz und Weltmusik zu einer einzigartigen faszinierenden Einheit.

Neben dem Konzert führte der Musiker mit interessierten Schülerinnen und Schülern zusätzlich zum Konzert einen Workshop durch.

Trommeln aus Asien

Neben Leuchter saß ein iranischer Trommelmeister. Schwarzes Hemd, Jeans, Sportschuhe. Er ist groß und schlank, hat volles dunkles Haar. Vor ihm stehen seine Instrumente: Darbuka, Bendir und Kanjira. Trommeln aus Asien, mit denen er orientalische Musik macht. Afra Mussawisade ist mit elf Jahren nach Deutschland gekommen, hat später Musik in den Niederlanden studiert. Der Mann, der schon mit Xavier Naidoo musiziert hat, redet nicht auf der Bühne. Seine Kommunikation mit Leuchter besteht aus Augenkontakt und aus den Klängen der Instrumente.

Der 39-jährige kennt Leuchter seit rund zehn Jahren, immer wieder mal treten sie miteinander auf. Was sie verbindet, scheint die Liebe zur Musik zu sein. Sie sitzen auf der Bühne, nebeneinander, schließen die Augen, wenn sie spielen, lassen sich von der Musik, dem Rhythmus leiten, den sie selbst erzeugen.

Sie scheinen jeden einzelnen Ton nicht bloß zu spielen, sondern auch zu fühlen – und das müssen sie sogar, denn sie spielen das ganze Konzert über ohne Noten. „Reine Übung“, erklärt Leuchter – die Perfektion, mit denen die beiden Musiker ihre Finger über die Instrumente gleiten lassen raubt dem Publikum den Atem.

Sie spielten Stücke aus dem aktuellen Programm Leuchters „Von Bach bis Bagdad“. Leuchter war schon in Palästina, Israel und Syrien. „Wenn ich da unten rumreise, denke ich immer: ihr seid euch doch viel gleicher als ihr denkt“ – ein politisches Statement, was sich in seiner Musik widerspiegelt.

Die Musiker erzeugen mal seichte Töne, mal energische, mal hoch und mal ganz tief und dunkel – doch jeder Ton offenbart die Leidenschaft, mit der sie musizieren. „Das Glücksgefühl, auf der Bühne zu stehen, ist gigantisch“, schwärmt Leuchter, „Es gibt keine Restriktionen, es ist ein Privileg, vor kleinerem Publikum aufzutreten, als vor der Masse“.

Die beiden sind zusammen auf einem Jazz-Festival in Litauen aufgetreten, vor großem Publikum. Sie spielten auf Großereignissen und im Fernsehen, in kleinen Sälen und auf Festen. Sie sind um die ganze Welt gereist und Leuchter hat sich von den Orten inspirieren lassen, Stücke zu komponieren.

Was er sah und erblickte, verarbeitet er in seiner Musik, in einer Melodie, die seine Gefühle zum Ausdruck bringen. Mit seinen Anekdoten über Tansania und Rumänien, Indien und Jordanien, nimmt er sein Publikum mit auf eine Reise um die Welt. Leuchter lässt das Publikum mitfühlen, er lässt es nah an sich dran, er öffnet sich mit Worten und Melodien. ‚Un poco loco’ heißt eins ihrer Stücke, ‚ein bisschen verrückt’, „Das richtet sich nicht an Sie, sondern an uns beide“, verspricht er dem Publikum. Es schmunzelt.

Doch tatsächlich: Ein bisschen verrückt sind sie schon, die kosmopolitischen Musiker. Beim letzten Stück drehte Leuchter sein Akkordeon um; er lauscht den rhythmischen Trommelklängen Mussawisades und gebraucht sein Instrument ebenfalls zum Trommeln. Dann legte er es weg und klatschte im Takt, zu dem Beat der harmonischen Klänge von den orientalischen Instrumenten. Das Publikum war hingerissen.